Amish Quilts – Besuch einer Ausstellung

Meine Liebe zu Patchwork begann, wie bei so mancher von uns, mit einem wunderbar farbenfrohen Buch von Kaffe Fassett. Erst später entdeckte ich die farblich so ganz anderen Quilts der Amishen, von deren Quilts sich vermutlich unsere heutigen Quilts ableiten. In den letzten Jahren habe ich einige Bücher über die Amish gelesen, einen kleinen Vortrag über das Leben der Amish gehalten und plane aktuell einen Quilt im amishen Stil. Um mich darauf einzustimmen, besuchte ich Anfang Juni die Ausstellung “Amish Quilts meet Modern Art” im Texti- und Industriemuseum in Augsburg (TIM), was trotz Corona möglich war.

Eines der bekanntesten Quiltmuster ist der “Bars-Quilt”, also der Streifen-Quilt. Er besteht aus Stoffstreifen, meist in zwei oder drei kontrastierenden Farben und verkörpert einen grundlegenden Wert der Amish: Einfachheit. Und wie wundervoll sind diese auf den ersten Blick so einfachen Quilts von Hand gequiltet:

Besonders interessant fand ich diesen Quilt, der sehr modern wirkt, aber im Prinzip ein Bar-Quilt aus Resten ist:

Ein weiteres häufig vorkommendes Muster ist der “Center-Diamond-Quilt”, also die Raute im Quadrat, wie fast immer bei den Amish-Quilts mit den breiten Rändern.

Mir gefallen bei diesen schlichten Quilts besonders die handgequilteten Muster, wie hier der Kranz – ein Muster im Muster. Im Kranz ist ein kleiner LoneStar (Stern) gequiltet, der als Hinweis auf Christus zu sehen ist. Der Glaube der Amish, der vorrangig durch seine Ablehnung der Kindertaufe zur Auswanderung nach Amerika im 18. und 19. Jahrhundert führte, ist im Alltag präsent.

Natürlich gibt es in der Ausstellung auch einige LogCabin-Quilts, da wird das Spiel von hell und dunkel, das Amish-Quilts auch auszeichnet, besonders deutlich.

Wunderschön sind auch diese beiden LoneStar-Quilts, auch “Stern von Bethlehem”  – in meinem Kopf waren Amish-Quilts eher dunkel, gedämpft. Aber diese Farbenpracht ist einfach nur schön:

In der Ausstellung entdeckte ich neu, dass die Amish auch helle Hintergründe verwenden:

Aber auch die eher mit abgedämpften Hintergrund gearbeiteten Quilts strahlen richtig, da wurde dann eben mit Akzenten in den Rändern (“Border”) gearbeitet.

Dieses Spiel der Tonwerte der Stoffe ist vermutlich DAS Kennzeichen der Quilts – und auch wenn wir heute neue und spezielle Patchwork-Stoffe und andere Farben verwenden, ein Quilt strahlt erst so richtig, wenn die Kontraste bzw. die Tonwerte der Farben stimmen,

Von manchen Quilts wurde auch die Rückseite gezeigt – u.a. blumige Stoffe und andere “ungewohnte” Stoffe ebenso wie ein gesticktes Monogram der Quiltnäherin. Bei amishen Quilts findet man selten einengenauen Hinweis, wer den Quilt gearbeitet hat.

Auch das Spiel mit der Dreidimensionalität ist bei Quilts schon alt. Ich meine, dieser Quilts ist aus dem 19.Jahrhundert.

Mich hat die Ausstellung sehr begeistert – große Empfehlung! Auch wenn hier in meinem Bericht die “Modern Art” zu kurz kommt, ist die ausgestellte Moderne Kunst eine interessante Ergänzung der Quilts.

Die Amish leben ein in unseren Augen einfaches Leben, mit Verzicht auf Individualität und Technik, mit eigener Sprache und Kultur, einem tiefen Glauben und daraus fußender Gemeinschaft und eben einer eigenen “Quiltkultur”.

“Wenn Ihr unseren Glauben so respektiert, vertieft dann euren eigenen Glauben. Wenn euch unser Lebensstil so fasziniert, lebt dann selbst schlichter und gesünder. Wenn ihr unsere bäuerliche Existenz so bewundert, lebt dann selber mehr in Verbundenheit mit der Natur. Wenn ihr unser Familienleben so hoch schätzt, widmet dann selbst der Familie mehr Zeit. Wenn ihr so von unserem Gemeinschaftsleben gefesselt seid, seid dann selber weniger individualistisch.”

Amos Beier

Hier noch ein paar Links:

Ein Online-Shop mit Amish-Quilts, zum mal Stöbern: https://www.amishquilter.com

Ein kurzer Abriß der Geschichte der Amish: http://www.quiltlady.at/AmishQ.htm , auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Amische

 

Liebe Grüße

Ines

Die Ausstellung “Amish Quilts meet Modern Art” wird als Sonderausstellung vom 19.5.-25.10.2020 im Staatlichen Textil- und Industriemuseum Augsburg gezeigt.

Staatliches Textil- und Industriemuseum:
Homepage: https://www.timbayern.de
Instagram – in den Highlights gibt es einen Rundgang durch die Ausstellung; https://www.instagram.com/timbayern.de/

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11 Gedanken zu „Amish Quilts – Besuch einer Ausstellung

  1. Schnitt für Schnitt

    Ha, jetzt weiß ich, woher die Idee für deine Quiltspielerei mit dem einfachen Barquilt kam. Danke für den Einblick und deine vielen Bilder! Ich will die Ausstellung auch noch besuchen. Am Besten, ich mache mir jetzt einfach mal einen Termin, sonst bleibt es bei der Absicht.
    Liebe Grüße Christiane

    Antworten
    1. Nähzimmerplaudereien Beitragsautor

      Meine “Quiltspielerei” ist vermutlich so geworden, weil ich mich viel mit den Amish-Quilts beschäftigt habe – Absicht war es nicht. Als das fertige Top dann an der Wand hing, dachte ich auch: Bar-Quilt!
      Liebe Grüße
      Ines

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  2. Nanusch

    Liebe Ines,
    ganz fasziniert habe ich gerade deinen Bericht zu der Ausstellung gelesen und gerade festgestellt, dass Augsburg nur zwei knappe Autostunden entfernt ist – da muss ich tatsächlich mal drüber nachdenken.
    Danke fürs Zeigen und die vielen schönen Worte deinerseits drumrum!
    LG
    Christiane

    Antworten
    1. Nähzimmerplaudereien Beitragsautor

      Ja, es ist eine (kleine) feine Ausstellung – wir waren so ca. 1,5 h drin. Und dann anschließend noch in der Dauerausstellung. In Augsburg gibt es auch noch vieles andere zu entdecken: Fuggerei, Zoo,…
      Liebe Grüße
      Ines

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  3. eSTe

    Vielen Dank, liebe Ines, für den interessanten Bericht über die wunderschönen Amish Quilts. Ich habe schon von der Ausstellung gehört und von mir aus ist es ja echt nicht weit nach Augsburg – das möcht ich mir auch gerne anschauen.
    LG eSTe

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    1. Nähzimmerplaudereien Beitragsautor

      Mir hat es so richtig gut gefallen – v.a. da ich die Amish-Quilts so duster in Erinnerung hatte und regelrecht von Farben überrascht wurde. Weniger knallige Farben, sondern sehr angenehm für die Augen und eben die Licht- und Schatteneffekte.
      Liebe Grüße
      Ines

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  4. made with Blümchen

    Wie wunderbar, und vor allem wie FEIN sind diese Quilts von Hand gequiltet! Große Bewunderung. Danke, dass Du uns zu dieser Ausstellung mitnimmst. Das Spiel der Tonwerte – sehr spannend. Diese Gedanken nehme ich mit. Wenn die Ausstellung noch bis Oktober geht – vielleicht muss ich einfach eine kleine Deutschland-Rundreise ohne konkreten Workshop-Anlass planen… Liebe Grüße, Gabi

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    1. Nähzimmerplaudereien Beitragsautor

      Hoffentlich klappt irgendeine Art von Reise dieses Jahr für Dich. Und wenn Du dafür zwei Stunden einplanen kannst – das würde Dich sicher auch freuen. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass Dir das restliche Textilmuseum gut gefällt – viel Technik und interessante Exponate übers Weben etc.
      Liebe Grüße
      Ines

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  5. Pingback: #hackmydirndl – oder ein Quilt im AmishStil aus Vintage-Dirndln (Werbung) | Nähzimmerplaudereien

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